Was ist TRANS*?

Was ist Transsexualität / Transidentität?

Transsexuelle identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde und möchten in der Mehrheit der Fälle sowohl körperlich als auch sozial im jeweils anderen Geschlecht leben (binär trans). Es besteht meist der starke Wunsch, den Körper durch hormonelle oder operative Maßnahmen in Übereinstimmung zur Identität zu bringen. Manche Transsexuelle lassen gleichwohl nur partielle Angleichungen vornehmen, andere verzichten sogar ganz darauf. Der medizinischen Definition der WHO nach handelt es sich bei Transsexualität um eine „Störung der Geschlechtsidentität“. Manche Transsexuelle fühlen sich davon aber zu unrecht pathologisiert. Sie lehnen es auch ab, wenn Eingriffe an ihren Körpern als „Geschlechtsumwandlung“ bezeichnet werden. Da sie ihre geschlechtliche Identität ja haben, nennen sie medizinische Eingriffe in diese Richtung „Geschlechtsangleichung“.

Die Ursachen sind umstritten

In der Wissenschaft gehen die Ansichten über die Ursachen des Wunsches nach anderen körperlichen Geschlechtsmerkmalen weit auseinander. Biologische Hypothesen gehen davon aus, dass es bei der pränatalen Entwicklung transsexueller Menschen zu Inkongruenzen gekommen ist, die das spätere Gefühl Transsexueller, „im falschen Körper“ zu sein verursachen. Kulturell orientierte Richtungen gehen davon aus, dass Transsexuelle die ihnen bei der Geburt gemäß ihren Genitalien zugewiesene Geschlechterrolle radikal ablehnen. Operative Maßnahmen wären dann ein Schritt zur Angleichung an die gewünschte soziale Rolle.

Der Begriff Transsexualität wecke falsche Assoziationen

Nicht von allen, die ihr ursprüngliches Geschlecht verlassen wollen, wird der Begriff Transsexualität als glücklich empfunden. Der Wortbestandteil „sex“ bezieht sich zwar auf körperliche Geschlechtsmerkmale (englisch: sex). Da der Begriff aber fälschlicherweise den Eindruck weckt, er beziehe sich auf sexuelles Verhalten, werden von vielen die Begriffe Transgeschlechtlichkeit oder Transidentität bevorzugt.
Auch Bezeichnungen wie „Transmann/Transfrau“ oder „Frau-zu-Mann-Transsexuelle“ oder „Mann-zu-Frau-Transsexuelle“ lehnen manche dieser Menschen für sich ab. Sie möchten einfach so anerkannt werden, wie sie sich fühlen, als „Mann“ respektive als „Frau“ – oder in gar keine Schublade sortiert werden.

Trotz des gesellschaftlichen Drucks leben viele ein glückliches Leben

Transidente Menschen sind großem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. Sie werden häufig angefeindet, physisch bedroht oder sogar ermordet, wenn sich herausstellt, dass ihr Geburtsgeschlecht ein anderes war. In den USA etwa wurden zwischen 1970 und 2011 mehr als 330 Morde gezählt – mit steigender Tendenz. In den vergangenen fünf Jahren wurden in den USA jeweils etwa ein Dutzend Transmenschen aus Hass umgebracht. US-amerikanische Gerichte haben Tätern wegen ihrer „Transphobie“ immer wieder mildernde Umstände gewährt.

Trotz solcher Auswüchse empfinden viele transidente Menschen ihre Lage keineswegs als deprimierend. Vielfach berichten sie im Gegenteil euphorisch über ihr neues Leben im lang ersehnten Körper. Transidente Leute unterstützen einander in Selbsthilfegruppen und kennen auch Ärzte oder Psychotherapeuten, die nicht transphob sind.

Transidente Menschen haben weltweit mit rechtlichen, medizinischen und finanziellen Fragen zu ringen. So müssen sie sich in Deutschland einen „klinisch relevanten Leidensduck“ bescheinigen lassen, wenn die Krankenkasse die Kosten für medizinische Geschlechtsangleichungen tragen soll, sowie zwangsweise Psychotherapien oder Untersuchungen über sich ergehen lassen, die entwürdigend sein können, wenn sie von unwissenden oder unsensiblen Ärzten durchgeführt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen mehrere Teile des Transsexuellengesetzes (TSG) von 1981 für verfassungswidrig erklärt und die Lage damit für die Betroffenen deutlich erleichtert. So ist die Personenstandsänderung mit dem Urteil aus dem Jahr 2011 auch ohne geschlechtsangleichende Operationen möglich. Denn dem Bundesverfassungsgericht nach hängt es nicht von dem Grad der operativen Anpassung ab, wie gut jemand seine Geschlechtsidentität annimmt.

Was bedeutet transgender?

Transgender wird als Oberbegriff für alle Menschen verwendet, die die ihnen von der heterosexuellen Norm zugewiesene Geschlechterrolle ablehnen. Doch nicht alle sind glücklich mit dem Begriff. Eine neue Folge des Queer-Lexikons, mit dem der Queerspiegel wichtige Begriffe rund um die Geschlechter erklärt.

Trans ist das lateinische Wort für „jenseits“, „darüber hinaus“. Gender ist der englische Begriff für das soziale Geschlecht. Transgender wird im allgemeinen als Obergriff für alle Menschen verwendet, die die ihnen von der heterosexuellen Norm zugewiesene Geschlechterrolle ablehnen und darum regelmäßig im Alltag davon abweichen.

Diese heterosexuelle Norm verlangt, dass das Auftreten einer Person mit bestimmten körperlichen Merkmalen übereinstimmen muss. Eine Person mit Bartwuchs etwa, die im Rock herumläuft, muss mit gesellschaftlichen Saktionen rechnen – von der sozialen Isolation bis zu physischen Übergriffen. Denn Bärte gelten laut Norm als „männlich“, Röcke aber als „weiblich“, dürfen also nicht jenseits bestimmter Anlässe – Karneval, Travestie-Shows etc. – an einer Person gezeigt werden.

Bei Transsexuellen ist der Begriff umstritten

Im engeren Sinne werden auch Transsexuelle als Transgender bezeichnet – was in dieser Gruppe aber umstritten ist. Denn manche Transsexuelle wollen nicht mit Leuten in einen topf geworden werden, die einfach aus der Geschlechterrolle fallen, ohne aber körperliche Angleichungen an die gelebte Geschlechterrolle zu wünschen. Von ihnen wollen sich diese Transsexuellen auch über die Bezeichnung abgrenzen. Allerdings bezeichnen sich auch Menschen als transsexuell, die keine Operationen oder hormonelle Eingriffe anstreben. Darunter sind auch solche, die sich weder als Mann noch als Frau verstehen („nicht binär“ / „non-binary“ / „enby“ oder „genderqueer“).

Was ist Intersexualität?

Intersexuelle Menschen haben angeborene Geschlechtsmerkmale, die von der herrschenden gesellschaftlichen und medizinischen Norm nicht als eindeutig akzeptiert werden, die also nicht in die Kategorien männlich oder weiblich passen, sei es genetisch, hormonell und/oder anatomisch. Manche Intersexuelle bezeichnen sich auch als Hermaphroditen oder Zwitter. Über die Zahl der Intersexuellen gibt es unterschiedliche Schätzungen: Der Verein Intersexuelle Menschen e.V. berichtet von wissenschaftlichen Schätzungen für Deutschland von 80.000 bis 120.000 Intersexuellen. In diesem Kreis gebe es aber 4000 körperliche Varianten. Viele Menschen bemerken ihre Intersexualität erst in der Pubertät.

Da Intersexuelle genau wie Homosexuelle oder Transidente von der Norm der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft abweichen, bieten sich politische Bündnisse an. Nicht alle Intersexuellen fühlen sich aber von Homo-Aktivisten angemessen repräsentiert: So kritisiert der Verein Zwischengeschlecht.org, manche Homo- und Transaktivisten würden die Intersexuellen für ihre Zwecke vereinnahmen, etwa beim politischen Ziel der Dekonstruktion von Geschlecht.
Bei Intersexuellen geht es aber nicht um „Lebensformen“ und um „Orientierungen“. Angesichts von erzwungenen Operationen erleiden sie vielfach körperliche wie seelische Schmerzen. Entsprechend haben sie auch eigene politische Forderungen.

Intersexuelle in Deutschland fordern vor allem ein Verbot von Operationen oder Hormonbehandlungen an Säuglingen oder Kleinkindern mit uneindeutigen Genitalien. Frühestens wenn eine Person im Jugendalter angekommen ist und die Tragweite der Eingriffe ermessen kann, soll sie sich dazu entschließen können.
Denn wenn die Medizin Intersexualität auch weiter als „Störung“ pathologisiert, haben Intersexuelle meist keine gesundheitlichen Probleme, die operativ behoben werden müssten. Meistens operieren die Ärzte bloß, um die Genitalien an die Norm anzupassen. Dabei wird in Kauf genommen, dass die Zeugungsfähigkeit der Operierten zerstört oder das Lustempfinden beeinträchtigt werden kann. Viele Intersexuelle fühlen sich später verstümmelt und von ihrer eigentlichen Geschlechteridentität entfremdet. Sie leiden ein Leben ang unter den psychischen und physischen Folgen, die finanziellen Kosten für Therapien müssen oft sie selbst tragen.

Immerhin gibt es in Deutschland Fortschritte. Seit im Jahr 2013 das Personenstandsgesetz geändert wurde, muss das Geschlecht intersexuelle Säuglinge nicht mehr in das Geburtenregister eingetragen werden. Also besteht jedenfalls kein rechtlicher Grund für Zwangsoperationen an Säuglingen mehr. Aber das neue Gesetz klärt längst nicht alles. So fragt etwa der Verband Intersexuelle Menschen e.V., ob diese Kinder sich dann später für eins der bisher gültigen Geschlechter entscheiden müssen und wann.
Erst unlängst kritisierte die European Union Agency für Fundamental Rights, dass in vielen europäischen Ländern die Grundrechte von Intersexuellen verletzt werden. Viele EU-Staaten verlangen weiter, dass das Geschlecht „männlich“ oder „weiblich“ bei der Geburt angegeben wird und erzwingen damit Operationen. Als fortschrittlich gilt allein Malte, das als einziges EU-Land Eingriffe an Intersexuellen ohne deren Zustimmung für illegal erklärt.

Für die Eltern intersexueller Kinder bleibt es in jedem Fall eine große Herausforderung, sich dem gesellschaftlichen Druck zur Anpassung an die Norm nicht zu beugen. Schließlich wollen sie ihr Kind vor der Ausgrenzung schützen. Hier kann nur kompetente Beratung helfen.
Ein optimistisches Zeichen setzt der argentinische Film „XXY“ (2007, Regie: Lucia Puenzo). Er zeigt, wie der mit uneindeutigen Genitalien geborene, aber nicht operierte Teenager Alex seine/ihre Identität findet, in dem er/sie sich so akzeptiert wie er/sie ist.